Das Stichwort

Darmstädter Wort

Gedenktafel zur Erinnerung an das "Darmstädter Wort" vor dem Elisabethenstift in Darmstadt am 16.08.2017. / © Thomas Lohnes (epd)
Gedenktafel zur Erinnerung an das "Darmstädter Wort" vor dem Elisabethenstift in Darmstadt am 16.08.2017. / © Thomas Lohnes ( epd )

Am 8. August 1947 veröffentlichte der Bruderrat, das nach Kriegsende fortbestehende Leitungsorgan der Bekennenden Kirche, in Darmstadt ein "Wort zum politischen Weg unseres Volkes". Es sollte einen Neuanfang markieren, indem es die Verfehlungen der Vergangenheit klar benennt und bekennt. Ein vierfaches "Wir sind in die Irre gegangen..." sollte die Mitschuld der Kirche hervorheben. Verfasser waren die Theologieprofessoren Hans-Joachim Iwand (1899-1960) und Karl Barth (1886-1968), überarbeitet wurde es unter anderen vom späteren hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Martin Niemöller (1892-1984).

Die Thesen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Verhängnisvoll waren und sind der deutsche Nationalismus und Konservatismus, an denen die evangelische Kirche nicht nur Anteil hatte, sondern die sie aus tiefster Überzeugung mitgetragen und verteidigt hat. Schlimm wirkten sich für die Kirche und das deutsche Volk die damit Hand in Hand gehenden Abgrenzungen und Verdammungen anderer weltanschaulicher Überzeugungen aus. Als besonders problematisch wird die Verwerfung des Marxismus bezeichnet, der die Kirche an den Auftrag für das Leben der Menschen im Diesseits hätte gemahnen müssen.

Gerahmt werden die Thesen von dem Bekenntnis, dass die Christen ihre "gesamte Schuld" bekennen müssten und so auf die Freisprechung durch Jesus Christus hoffen dürften. Die Gemeinden werden zum Umdenken, zum Aufbau eines besseren Staatswesens und zur Versöhnung mit den Völkern aufgerufen. Wie die "Stuttgarter Schulderklärung" von 1945 schweigt das "Darmstädter Wort" jedoch zur Verfolgung und Vernichtung der Juden. Erst im April 1948 verabschiedete der Bruderrat ein "Wort zur Judenfrage" als seine letzte öffentliche Äußerung. (epd/07.08.2022)