Caritas strengt Musterklage gegen Stadt Köln an

Sparen auf Kosten der Hilfebedürftigen

"Wir brauchen eine Entlastung von den stetig wachsenden Sozialausgaben" Das sagte Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters am Dienstag bei der Vorstellung des Haushaltes 2010/2011. Auch die Erziehungsberatungen sind von den Kürzungen der Stadt Köln betroffen. Dagegen strengt die Caritas nun eine Musterklage an.

 (DR)

domradio.de: Warum klagen Sie und wie konkret lautet Ihre Klage?

Monika Kuntze (Caritas Köln): Wir klagen gegen die Abschlagszahlungen, d.h. die Stadt Köln hat zur Zeit keinen gültigen und verabschiedeten Haushalt, sondern einen vorläufigen Haushalt, auf dessen Grundlage sie den freien Trägern Gelder im 3-Monatsrhythmus zugesteht. Die Grundlage für diese Abschlagszahlungen sind völlig unterschiedlich. Mal sind Tariferhöhungen mit einbezogen, mal sind sie außen vor. Dafür sind sie in Prozentkürzungen enthalten. Diese Variablen sind für uns keine Grundlage und geben uns keine Planungssicherheit. Wir sagen, dass ist kein rechtmäßiges Vorgehen. Dagegen klagen wir.

domradio.de: Wie sehen die Leistungsvereinbarungen mit der Stadt aus, die diese offenbar nicht einhält?

Kuntze: Wir haben einen Vertrag mit der Stadt, der auf dem Kinder- und Jugendhilfegesetz beruht, in dem klar vereinbart ist, dass die Stadt als Pflichtaufgabe dafür zu sorgen hat, dass für Kinder in Not Hilfe gewährleistet ist. Eine Hilfe sind die Erziehungsberatungsstellen.

domradio.de: Eine Kürzung Ihres Etats um zehn Prozent bedeutet 50.000 Euro weniger. Was bedeutet das für diejenigen, die bei Ihnen in den Erziehungsberatungsstellen Hilfe suchen und auch für Ihre Mitarbeiter?

Kuntze: Für uns ist das Dramatischste, dass die Menschen in Not das am direktesten zu spüren bekommen, zu allererst durch Wartelisten, die wir aufstellen müssen, weil wir die Leistungen natürlich reduzieren müssen. Diese Listen werden länger. Wir haben in den letzten Jahren schon einen erheblichen Zuwachs an Fällen gehabt, an Menschen, die dringend unserer Beratung bedurften. Wir mussten schon wöchentlich Kriseninterventions-Sprechstunden einrichten oder Sprechstunden am Telefon, um dieser Nachfrage gerecht zu werden. Das wird so nicht mehr aufzufangen sein,, d.h. die Eltern und die Kinder müssen noch länger warten, der Druck und die Not werden größer, das kann auch eskalieren. Und wir müssen neben der Einschränkung der Leistungen auch Mitarbeiter abbauen.

domradio.de: Rund 1.300 Beratungsfälle haben Sie in beiden Erziehungsberatungsstellen des Caritasverbands der Stadt Köln. Die Klage, die Sie anstrengen, ist ja eine Musterklage. Wenn Sie diese Musterklage gewinnen, was bedeutet das dann für die Wohlfahrtsverbände insgesamt?

Kuntz: Ziel der Klage ist es, dass die Kürzungen rückgängig gemacht werden und dass das auf die anderen Erziehungsberatungsstellen, die es in freier Trägerschaft gibt, übertragen wird - das sind rund acht Stellen. 

domradio.de: Das heißt, die alle sind davon auch betroffen. Der Haushalt der Stadt wird erst im Oktober verabschiedet. Was fordern Sie konkret von der Stadt?

Kuntz: Wir fordern von der Stadt, dass sie sich mit uns zusammensetzt und mit uns gemeinsam überlegt, wie wir mit dieser katastrophalen Haushaltslage umgehen. Dass man Prioritäten setzt, Wir sehen im Bereich der Erziehungsberatungsstellen keine Priorität, in der gekürzt werden könnte.