Kardinal Marx für Reduzierung der Flüchtlingszahlen

Die dünne Schicht der Zivilisation

Der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx fordert eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. "Deutschland kann nicht alle Notleidenden der Welt aufnehmen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Dabei gehe es auch um Vernunft.

Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

Marx sagte in der "Passauer Neuen Presse", es gehe nicht allein um Barmherzigkeit. Eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen könne nicht erst dann gelingen, "wenn die Menschen an unseren Grenzen stehen". Es gelte, stärker in den Heimat- und Nachbarländern der Flüchtenden zu helfen. "Das reiche Europa trägt eine hohe Last, Deutschland besonders - keine Frage", räumte der Kardinal ein. Aber im Vergleich zu Ländern in den Krisenregionen Afrikas und des Nahen Osten sei diese Last "viel geringer".

Gleichzeitig betonte der Kardinal: "Barmherzigkeit kennt keine Grenze", ebenso wenig wie es für unser Asylrecht "eine Beschränkung nach oben" gebe. "Jeder, der europäischen Boden betritt, muss anständig behandelt werden und ein faires Verfahren erhalten". Fluchtursachen müssten bekämpft werden, illegale Einwanderung müsse über Kontingente in legale verwandelt und die Aktivität der Schleuser unterbunden werden. Marx warnte dabei vor einem Militäreinsatz im Nahen Osten. Der werde die Probleme nicht nachhaltig lösen, sagte er. "Die militärische Option ist immer die Schlechteste von allen."

Nicht Stimmungen folgen, sondern Zielen und Prinzipien

Marx verteidigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die wegen ihrer Flüchtlingspolitik immer mehr in die Kritik gerät. Er habe "höchsten Respekt" vor ihrer Politik, ihrem Mut und ihrer Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. "Sie handelt nicht blauäugig, sondern durchdacht." Der Kardinal: "Politik bedeutet eben, nicht nur einfach Stimmungen zu folgen, sondern Zielen und Prinzipien."

Scharf kritisierte Marx die Haltung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) in der Flüchtlingskrise. "Überlegungen, an den Grenzen auf wehrlose Flüchtlinge zu schießen, sind inakzeptabel und menschenfeindlich", so der Kardinal. Und weiter: "Parteien, die so etwas äußern, sind keine Alternative für Deutschland."

"Verrohung" der Sprache

Das Ausmaß der Fremdenfeindlichkeit hierzulande erschrecke ihn, so Marx. Es habe in Deutschland immer ein "gewisses Potenzial an Rechtsextremismus und auch Rassismus" gegeben. Diese Ideologie habe sich "offenbar weiter verfestigt". Der Kirchenvertreter beklagte in diesem Zusammenhang eine "Verrohung" der Sprache. "Wir erleben Hetze gegen Fremde, bis in bürgerliche Kreise hinein", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz. "Der Firnis der Zivilisation ist offenbar doch nicht so dick wie immer gedacht." Dabei werde der Eindruck erweckt, dass es einfache Antworten auf die Flüchtlingszuwanderung gibt. "Aber einfache Antworten sind keine Lösung", mahnt der Kardinal.

Auch Dröge und Fürst warnen vor radikalen Kräften

Auch der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, warnte im SWR davor, radikalen Kräften in der Politik noch mehr Gewicht zu geben. Zur AfD sagte Fürst, es gebe Äußerungen, die verabscheuungswürdig seien: "Wenn ich daran denke, dass man da mit Schusswaffengebrauch Überlegungen anstellt, dann sieht man den Horizont, in dem manche Menschen denken. Da müssen wir uns klar distanzieren." Dagegen müsse man mit den "uns zur Verfügung stehenden Mitteln" angehen, so der Bischof weiter: "Das heißt, aufklären und als Kirche sagen, welches Menschenbild uns leitet in unserer Flüchtlingsarbeit."

Der Berliner evangelische Landesbischof Markus Dröge betonte mit Blick auf die anstehenden Wahlen der Gemeindekirchenräte, in kirchlichen Gremien dürften keine "menschenfeindlichen Positionen" vertreten werden. Wenn Kandidaten nachweisbar "selber menschenverachtende Parolen in die Welt gesetzt haben, dann können sie nicht auf die Wahlliste", sagte Dröge dem Sender rbb.
Jüngste Äußerungen führender AfD-Vertreter zur Flüchtlingspolitik seien mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens nicht vereinbar, so der Bischof weiter. Das gelte auch, wenn sie von einer bekennenden Christin wie der Berliner AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch kämen.


Quelle:
KNA , epd