Viel Beteiligung bei digitaler Demo der Initiative "Maria 2.0 Rheinland"

Die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen

Erzbistum Köln: In einer Online-Demonstration am Samstag wurden Rufe nach personellen Konsequenzen als Folge der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen laut. Wie lief die Demonstration ab?

Der Kölner Dom an Weihnachten / © Jörg Carstensen (dpa)
Der Kölner Dom an Weihnachten / © Jörg Carstensen ( dpa )

DOMRADIO.DE: Großes Thema im Erzbistum Köln: Wie geht es weiter mit dem Gutachten zur Aufklärung sexualisierter Gewalt? Was ist mit den Vertuschungsvorwürfen gegen Kardinal Woelki? Die Initiative "Maria 2.0 Rheinland" hatte für heute Mittag zu einer Digitalen Demo aufgerufen. Meine Kollegin Susanne Becker-Huberti hat sie beobachtet. Wie war die Digitale Demo?

Susanne Becker-Huberti (stellvertretende Chefredakteurin DOMRADIO.DE): Beeindruckend. Die Atmosphäre und die Statements waren klar, sachlich und vor allem sehr konstruktiv. Knapp 400 Teilnehmende beteiligten sich live über Facebook und konnten sich im Chat äußern. Bei den Reden und bei den Chatbeiträgen war der Tenor überwiegend: Wir wollen Kirche mitgestalten, wir wollen die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen, wir wollen Aufarbeitung, die transparent und nachvollziehbar ist. Bis März zu warten mit der Veröffentlichung von Ergebnissen, wie es das Erzbistum Köln plant, war für die Teilnehmenden keine Option. Auch dass sich Kardinal Woelki nun an den Papst gewandt hat, überzeugt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demo nicht.

DOMRADIO.DE: Welche Statements waren besonders beeindruckend?

Becker-Huberti: Es haben Vertreterinnen und Vertreter von katholischen Verbänden gesprochen, Seelsorgerinnen und Seelsorger. Aber besonders beeindruckt haben mich die Statements von Karl Haucke und Patrick Bauer, beide ehemalige Mitglieder des Betroffenenbeirats des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln. Patrick Bauer, der auch Gemeindereferent und Gefängnisseelsorger ist, hat nochmal geschildert, was die Beschäftigung mit dem Thema für die Betroffenen bedeutet, wie schwierig, anstrengend und gleichzeitig wichtig sie ist. Er hat auch betont, die katholische Kirche sei seiner Meinung nach unfähig, die Aufarbeitung aus sich heraus zu leisten. Eine unabhängige Aufarbeitung ist seiner Ansicht nach nötig. Er hat aber auch gesagt, dass er trotz allem "seine Kirche" nicht aufgeben wolle.

DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen gab es bei der Veranstaltung von den Teilnehmenden?

Becker-Huberti: Im Chat gab es viel Zustimmung, Dankbarkeit für das Engagement und vor allem viele Solidaritätsbekundungen. "Austritt ist keine Lösung", wurde da gepostet. Es gab auch Posts, die in eine andere Richtung gingen. "Ich kann mir einen Neuanfang eigentlich nicht mehr vorstellen, denn ich habe jegliches Vertrauen verloren. Diese Kirche hat nichts mehr mit der Botschaft Jesu zu tun", hat jemand gepostet. Aber die meisten Posts zeigten, da schreiben Christinnen und Christen aus dem Erzbistum Köln und auch durchaus von anderswo, Leute, die anpacken wollen, die sich engagieren wollen, die allerdings jetzt mit diesem Vorgehen im Erzbistum Köln überhaupt nicht einverstanden sind.

DOMRADIO.DE: Pfarrer Meik Schirpenbach aus Grevenbroich, der sich vor kurzem in einem offenen Brief positioniert hat, hat auch gesprochen. Was hat er gesagt?

Becker-Huberti: Er hat nochmal einige Teile aus seinem Brief angesprochen und erzählt, dass er per Mail, per Post und mündlich sehr viel Zustimmung bekommen hat, dass viele gesagt haben, auch Kollegen, er habe ihnen aus der Seele gesprochen. Ein Statement gab es auch von Pfarrer Dirk Peters, Schulseelsorger an der Ursulinenschule in Köln, der viel schriftlichen Beifall im Chat bekam unter anderem für seine Aussage "Wir brauchen eine Kirche, die sich mit den Opfern solidarisiert". Peter Otten, Pastoralreferent an St. Agnes in Köln hat gefordert, die Betroffenen zu fragen "Was braucht ihr?" und damit zum Abschluss der Veranstaltung nochmal sehr gut auf den Punkt gebracht, was diese Digitale Demo ausgemacht hat: Solidarität mit den Opfern und eine konstruktive Perspektive.

Das Gespräch führte Tommy Millhome.


Susanne Becker-Huberti / © Gerd Lödige (DR)
Susanne Becker-Huberti / © Gerd Lödige ( DR )
Quelle:
DR