Erzbischof Welby zieht positive Bilanz nach Südsudan-Reise

"Unsere Reise war ein weltweites Zeichen"

Justin Welby, Ehrenprimas der Anglikanischen Weltgemeinschaft war zusammen mit Papst Franziskus und dem Moderator der Reformierten Kirche von Schottland im Südsudan. Die Kirchenführer wollten dort zu mehr Friedensbemühungen ermutigen.

Iain Greenshields (l.), Moderator der Generalversammlung der presbyterianischen Kirche von Schottland; Papst Franziskus und Justin Welby (r.), anglikanischer Erzbischof von Canterbury / © Paul Haring/CNS Photo (KNA)
Iain Greenshields (l.), Moderator der Generalversammlung der presbyterianischen Kirche von Schottland; Papst Franziskus und Justin Welby (r.), anglikanischer Erzbischof von Canterbury / © Paul Haring/CNS Photo ( KNA )

Vatican News: Erzbischof Welby, was ist Ihr Eindruck von dieser Pilgerreise für Frieden und Versöhnung in ein von Bürgerkrieg und Armut gezeichnetes Land?

Justin Welby (Erzbischof von Canterbury und Ehrenprimas der Anglikanischen Weltgemeinschaft): Ich denke,

die Reise wird eine Wirkung vor Ort im Südsudan haben, auf die ich gleich zurückkommen werde, und eine Wirkung auf globaler Ebene. Die Tatsache, dass sich hier drei religiöse Führer zum ersten Mal seit der Reformation zusammengetan haben, ist meiner Meinung nach ein Zeichen der Hoffnung für Frieden und Versöhnung in der Welt. Wenn diejenigen, die 150 Jahre damit verbracht haben, sich gegenseitig zu töten, und die nächsten 300 Jahre damit, sich gegenseitig zu verurteilen, nun gemeinsam nach Frieden und Versöhnung suchen können, dann kann es jeder schaffen!

Anglikanische Kirche

Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. In Glaubensfragen blieben die Anglikaner zunächst bei der katholischen Lehre; später setzten sich protestantische Einflüsse durch. 1549 erschien das erste anglikanische Glaubensbuch, das «Book of Common Prayer».

Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel (epd)
Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel ( epd )

Normalerweise trage ich ihn nicht, aber in diesem Moment trage ich den Ring, den Papst Paul VI. meinem Vorgänger Michael Ramsey in den 1960er Jahren als erstes Zeichen der Verbundenheit zwischen unseren Kirchen geschenkt hat. Und dieser Ring und der Hirtenstab, den mir der Papst 2016 geschenkt hat, sprechen zu uns von einem Wandel des Herzens.

Dies bringt mich zum Südsudan: Wir brauchen auch dort einen Sinneswandel. Ich wünsche mir einen Wandel in den Herzen der politischen Führer. Jedes Mal, wenn einer von uns drei in den letzten zwei Tagen öffentlich von Frieden, von Sicherheit für Frauen, vom Kampf gegen Korruption gesprochen hat, konnte man hören, wie eine Bewegung durch die Zuhörer ging. Die Menschen im Südsudan bitten um Frieden - und die Verantwortlichen müssen ihn schaffen!

Vatican News: Kann diese gemeinsame Pilgerreise auch für die Zukunft, für andere Länder und andere Situationen von Bedeutung sein? Ist das ein neuer Weg für Christen, sich gemeinsam für Frieden und Versöhnung einzusetzen, auch wenn sie in verschiedene Kirchen und Konfessionen geteilt sind?

Welby: Wenn das hier ein Dialog wäre und kein Interview, dann würde ich Sie jetzt fragen: Wie viele Menschen sind denn am Ostersonntag von den Toten auferstanden? Die Antwort: ein einziger. Und dann würde ich fragen: Und wie können wir dann so viele verschiedene Kirchen sein? Es gibt doch nur eine Auferstehung, die die Quelle unseres Lebens ist. Es gibt einen einzigen gekreuzigten Gott, der die Quelle unserer Vergebung ist. Es gibt einen Geist, wie Paulus im 1. Korintherbrief sagt, der die Quelle des Lebens der Kirche und unserer Gaben ist.

Gott hat alles getan, was unsere Versöhnung möglich macht. Es ist nur der menschliche Stolz, der sich dagegen wehrt. Bis zu einem gewissen Grad ist es vielleicht kein bewusster Stolz, aber es ist wie bei diesen Paaren bei der Eheberatung, die ich kennengelernt habe, die viele Jahre lang getrennt gelebt haben: Die haben sich daran gewöhnt, getrennt zu sein. Sie betrachten es als normal.

Ich hoffe, dass diese Reise die Menschen daran erinnern wird, dass es in Wirklichkeit normal ist, wenn die Kirche als Einheit auftritt! Unnormal ist es, sich gegenseitig Konkurrenz zu machen. Ich weiß nicht, wie weit die Ökumene wirklich gediehen ist; sie ist weit verbreitet, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie tief genug in den Herzen vieler christlicher Führungskräfte in der ganzen Welt verankert ist.

Das Interview führte Andrea Tornielli.

Quelle:
KNA