Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Gott wird Leute vom hohen Ross schubsen

"Na, wie ist es mit dir? Wann bist du eigentlich vom Pferd gefallen?" Hat mich vor vielen Jahrzehnten ein junger Franziskaner ganz unverblümt gefragt. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was er gemeint haben könnte und worauf er eigentlich hinauswollte. Am Ende des Jugendwochenendes damals konnte ich zumindest ein paar dieser Sprichwörter aufsagen, die wir so kennen: wie vom Blitz getroffen, vom Pferd gefallen oder auch vom hohen Ross geschubst und vor allem das vom Saulus zum Paulus.
Ein sehr verehrter Bischof damals in Erfurt Hugo Aufderbeck hat mal gesagt: "Wenn ich damals gelebt hätte, ich wäre auch Paulus gewesen." Also der, der seinen Glauben, sein Jüdischsein, sein Pharisäer sein, vehement verteidigt und die Christen, die seinem Glauben gefährlich wurden, bis aufs Blut verfolgt hat.
Ich finde dieses Fest der Bekehrung des Apostels Paulus ein sehr gefährliches Fest. Wir feiern es fein brav, weil wir Gottes Macht feiern, der damals ein Verfolger zu einem seiner leidenschaftlichsten Nachfolger gemacht hat. Aber ich denke, dass die wenigsten, die das in Gottesdiensten und Gebetszeiten feiern und in Predigten loben, daran denken, dass Gott heute die gleiche Macht hat. Er kann uns heute auf die gleiche Weise so vom Pferd unserer kirchlichen Gewissheiten schubsen, dass uns Hören und Sehen vergeht und wir völlig blind sind für das, was Gott wirklich von uns will. Ich bin mir sicher, dass alle aktuellen Probleme unseres Kirche Seins von Macht und sexuellem Missbrauch durch Kleriker, vom Vertrauensverlust gegenüber Bistumsleitungen, von dir als mangelhaft gesehenen Seelsorge in der derzeitigen Pandemie, von der bis heute geltenden Benachteiligung von uns Frauen in der Kirche, dass in all diesen Dingen Gott sich seine Kirche erneuern wird. Er wird Leute vom hohen Ross schubsen. Er wird noch mehr mit Blindheit schlagen und er wird auch viele völlig neu bekehren, damit nämlich seine Wahrheit verkündet wird für Allerwelt und die Menschen von der Finsternis des Unglaubens und Aberglaubens zum wahren Licht der Welt führen.

 

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