Wort des Bischofs

"Es tut sich was!"

Der Kölner Erzbischof Rainer Kardinal Woelki betont, die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum gehe voran. Hier nennt er die ersten und weitere Schritte, die noch folgen sollen.

 (DR)

Bereits im Dezember des vergangenen Jahres habe ich den Heiligen Vater gebeten, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sowie meine persönliche Verantwortung zu bewerten. Damit habe ich mein Schicksal schon damals vertrauensvoll in die Hände des Papstes gegeben. Die unabhängige Untersuchung sexuellen Missbrauchs hat hier im Erzbistum im Nachgang zu massiven Konsequenzen geführt. Der Papst hat jüngst auf das Gutachten und meine Bitte reagiert und zur Beurteilung der Situation und auch meiner Person eine apostolische Visitation angeordnet. Das ist ein direkter Auftrag des Heiligen Vaters zur Zusammenarbeit, den ich verantwortungsvoll begleiten werde.

Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Marx, die er in diesen für die katholische Kirche schweren Zeiten als seine persönliche Konsequenz gezogen hat. In den vergangenen Monaten habe ich noch mehr Gespräche mit Betroffenen geführt. Es macht mich persönlich fertig, immer wieder vor Augen geführt zu bekommen, was Priester und Geistliche durch ihren Missbrauch angerichtet, wie die Betroffenen jahre- und jahrzehntelang um Gerechtigkeit gekämpft haben. Meine, unsere Kirche war mehr darauf bedacht, den eigenen Ruf zu schützen, als die Betroffenen sexualisierter Gewalt zu hören. Ein Verrat am Evangelium. Das darf nie wieder so möglich sein. Hier ist eine Erneuerung vom Kern des Glaubens, vom Evangelium her notwendig. Als Bischof trage ich mit die Verantwortung, dass es anders wird. Mit allen Kräften will ich mich dafür einsetzen, dass die Aufarbeitung weitergeht. Und ich will die Veränderungen vorantreiben.

Was ist bislang umgesetzt? Die Intervention ist personell verstärkt worden. Wir haben eine neue, mit allen Kompetenzen ausgestattete Abteilung „Aufarbeitung“ geschaffen. Das Priesterseminar hat eine neue Leitung erhalten. Auch neu, dass die Studienleitung der Priester- und Diakonenausbildung von einer Frau an der Spitze verantwortet wird.

Was kommt noch? Wir werden einen Weg finden, wie wir mit anonymen Hinweisen geregelt und zum Besten der Wahrheit umgehen. Ein Hinweisgeber-System soll uns helfen, dass keine Beobachtung verloren geht und unabhängig gesichtet wird. Und ein großes Projekt: wir haben jetzt verstanden, dass rechtliche Beurteilungen und Regeln die Grundlage bilden, aber wir müssen noch weitaus mehr tun. Wir müssen aufbrechen und uns einen neuen Verhaltenskodex des christlichen Miteinanders erarbeiten – auf der Grundlage des Evangeliums.

Wie wollen wir in Zukunft handeln? Nach welchen geistlichen und moralischen Maßstäben wollen wir gemeinsam unser Tun verantworten? Eine Erneuerung kann nur vom Kern her kommen, vom Evangelium.

Die Fragen, die uns die Menschen mit einer nie gekannten Intensität zu Recht stellen, müssen vom Evangelium her eine Antwort finden. Ein Platz dafür ist sicher die weltweite Bischofssynode, die der Heilige Vater für die nächsten drei Jahre angesetzt hat. Diese Debatte ist auch dort richtig verortet, da wir eine Weltkirche sind. Hier in unserem Erzbistum werde ich als Bischof alles dafür tun, dass die Aufarbeitung weiter geht und ich und wir dem Auftrag Jesu gerecht werden, die Schwachen zu schützen und Missbrauch zu verhindern. Dafür will ich meine ganze Kraft einsetzen.

Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln