Weitere hochrangige Gäste diskutieren Ökumene und Gerechtigkeit

Bundespräsident Köhler und SPD-Chef Beck beim Katholikentag

"Gemeinsam unterwegs vor Gottes Angesicht" - das Motto des zentralen ökumenischen Gottesdienstes beim Saarbrücker Katholikentag setzten die Verantwortlichen in die Praxis um. Die Feier begann am Freitagabend im Regen auf den Saarwiesen, wo Würdenträger von fünf christlichen Glaubensgemeinschaften die Teilnehmer begrüßten.

 (DR)

"Gemeinsam unterwegs vor Gottes Angesicht" - das Motto des zentralen ökumenischen Gottesdienstes beim Saarbrücker Katholikentag setzten die Verantwortlichen in die Praxis um. Die Feier begann am Freitagabend im Regen auf den Saarwiesen, wo Würdenträger von fünf christlichen Glaubensgemeinschaften die Teilnehmer begrüßten. Nach einer Prozession durch Teile der Altstadt endete der Gottesdienst bei inzwischen trockenem Wetter vor dem spätbarocken Ensemble des Ludwigsplatzes auf der anderen Seite der Saar.

Brücken, so der luxemburgische Erzbischof Fernand Franck in seiner Predigt, seien dazu da, Menschen miteinander zu verbinden.
Angesichts der wechselhaften Geschichte der saarländischen Landeshauptstadt erinnerte er aber auch daran, dass Brücken in dieser Region oft genug auch für Teilung und Trennung gestanden hätten. Das gelte auch für die Kirchen, ließ Franck durchklingen.
Doch für Christen gelte: "Eine ökumenische Feier wie diese ermahnt uns, Brücken zwischen den verschiedenen Kirchen zu bauen."

Die laut Polizeiangaben 500 bis 1.000 Teilnehmer des Gottesdienstes rief Franck in seiner in Deutsch und Französisch vorgetragenen Predigt auf, in der Gesellschaft ihren Beitrag zur Gestaltung der Welt einzubringen. Sie hätten die Pflicht, ein solches Zeugnis abzulegen und dafür zu sorgen, dass die Welt immer menschlicher werde und Frieden einkehre, rief der Luxemburger Erzbischof die Gottesdienst-Besucher auf. Unter den Zuhörern waren auch der SPD-Chef und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer.

Wasser, Brücken und der gemeinsame Weg waren die Kernthemen des Gottesdienstes. Nicht nur die Gebete und vorgetragenen Fürbitten, sondern auch die Lieder der Kölner Musikgruppe "Ruhama" nahmen diese Leitmotive immer wieder auf.

Der Gottesdienst verband nicht nur verschiedene Konfessionen, er führte auch Völker und Kulturen zusammen. So trugen Geistliche der beteiligten Kirchen das Evangelium außer auf Deutsch in vier weiteren Sprachen vor. Der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos las das Evangelium auf Griechisch, der methodistische Altbischof Walter Klaiber auf Englisch. Franck trug es in seiner Heimatsprache Letzebuergisch vor und der französische Pastor Enno Strobel von der Union der Protestantischen Kirchen in Elsass und Lothringen sorgte für die Version in französischer Sprache.
Gemeinsam - und auf Deutsch - sprachen die Gläubigen danach das Glaubensbekenntnis, das, wie Metropolit Augoustinos erinnerte, seit 2.000 Jahren als einende Klammer die Christen vereint.

Der vom katholischen Trierer Bischof Reinhard Marx und dem Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, geleitete Gottesdienst fand seinen Höhepunkt in der Austeilung gesegneten Wassers. Helfer reichten Schalen mit dem Wasser unter den Teilnehmern herum, die einander damit das Kreuzzeichen spendeten. Nach dieser Geste und dem gemeinsamen Vaterunser endete die Feier mit einer Einladung zur dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung im rumänischen Sibiu 2007. Christen gemeinsam unterwegs - ein großer Teil der Gottesdienst-Teilnehmer nahm das Motto auch nach der Veranstaltung beim Wort: Im Ökumenischen Begegnungszentrum des Katholikentags schloss sich ein gemeinsames Fest an.

Inhaltliche Arbeit stand am Freitag im Mittelpunkt
Der 96. Deutsche Katholikentag in Saarbrücken hatte am Freitag seine inhaltliche Arbeit fortgesetzt. Nachmittags nahmen Bundespräsident Horst Köhler und SPD-Chef Kurt Beck an dem Christentreffen teil. Köhler diskutierte mit dem Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy, über Rezepte gegen Armut in der Welt. Beck wirkte bei einer Veranstaltung zu Fragen der Globalisierung mit.

Am Vormittag hatten sich der für den Katholikentag gastgebende Trierer Bischof Reinhard Marx und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) gegen eine Trennung von Politik und Religion ausgesprochen. Wenn eine Pfarrgemeinde wirklich fromm sei, dann kümmere sie sich auch um die Probleme der Welt, sagte Marx. Müller äußerte, die Kirche müsse sich in die Politik einbringen, auch wenn das der Politik unangenehm sei; zugleich müsse die Kirche auch Widerspruch aus der Politik ertragen.

Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt lobt in Saarbrücken das von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen
(CDU) initiierte "Bündnis für Erziehung" mit den Kirchen. Es sei gut für die Gesellschaft, auf die Bedeutung von christlichen Grundwerten in der Erziehung hinzuweisen. Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) rief zu einem Umdenken in der Integrationspolitik auf. "Nur mit Abwehr und Konfrontation werden wir unser Zusammenleben nicht gestalten können", sagte Süssmuth.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte auf dem Katholikentag ein starkes, großes und handlungsfähiges Europa, um "unglaubliche Ungerechtigkeiten" wie Hunger und Armut wirksam bekämpfen zu können. Hinsichtlich der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vertrat der Minister die Ansicht, dass damit noch kein Automatismus einhergehe. Er plädierte erneut für eine privilegierte Partnerschaft statt einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei.

Im Südwestrundfunk (SWR) nannte der Präsident des den Katholikentag veranstaltenden Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, die Massenarbeitslosigkeit die gegenwärtig größte Ungerechtigkeit in Deutschland. Sie berge die Gefahr einer Zweidrittel-Gesellschaft, in der ein Drittel allenfalls von Sozialleistungen leben könne.

Der katholische Militärbischof für die Bundeswehr, Walter Mixa, rief zu mehr Anerkennung für den Dienst der Soldaten auf. Ihr friedensstiftender Einsatz im Ausland verdiene Respekt und Dankbarkeit. Der Brüsseler Kardinal Godfried Danneels beklagte eine mangelnde Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen.
Das Vertrauen in internationale Institutionen und Kontrollsysteme nehme deshalb immer mehr ab.

Am Rande des Katholikentags machte der Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT), Reinhard Höppner, deutlich, dass er trotz des für das Jahr 2010 in München anberaumten bundesweiten 2. Ökumenischen Kirchentags jeweils eigene Treffen von evangelischen und katholischen Christen für notwendig hält.
Das durchaus auch unterschiedliche Profil solle nicht verloren gehen. Höppner wörtlich: "Nur starke Partner werden, wenn sie sich zusammenfinden, die Ausstrahlungskraft haben, die wir uns für das Zeugnis der Christen in der Welt wünschen." Trotz erneut regnerischen und zum Teil stürmischen Wetters waren beim Katholikentag tausende Gäste unterwegs. Das Treffen zählt allein 26.000 Dauerteilnehmer.