Vor ungefähr zwei Jahren habe ich meinen Schirm verbaselt, verloren, irgendwo liegen gelassen. Ich verliere oder verlege selten etwas. Und daher hat es mich schon geärgert. Aber mehr eigentlich noch, weil ich ihn mir erst vor Kurzem gekauft hatte. Mein vorheriger Schirm war bei einem Sturm umgeklappt und kaputt gegangen. Also musste ein Neuer her. Hier im Sauerland braucht man den dringend. Da ich dachte: "Nur ein etwas stärkerer hält auch mal Windböen aus", bin ich in ein Geschäft gegangen und habe ihn dann gefunden - ein Traumschirm! Schwarz, wie üblich für Schwestern, aber jeder zweite Schirmabschnitt war mit roten Rosen bedruckt - wunderbar. Nach kurzer Zeit aber war er weg und ich tieftraurig. Wirklich. Ich habe alles abgesucht und gefragt und Koffer und Rucksäcke und Taschen und Schränke und Schirmständer und Regale abgesucht. Nichts. Also musste ich mir notgedrungen einen neuen Schirm besorgen. Diesmal ein einfaches, billiges schwarzes Modell. Aber traurig war ich schon.
Jetzt zwischen den Jahren war ich für drei Tage zu Hause in meinem Elternhaus und hatte gerade noch ein gutes Stündchen zum Plaudern mit meinem Neffen und seiner Freundin, die dann wieder mit einem Zug weiter wollten. Beim Zusammenpacken ihrer Sachen meinte dann Yuki: "Oh this is not our umbrella" - "hier ist ein Schirm, der uns nicht gehört". Sie ahnen es. Es war mein geliebter Schirm, den ich also wahrscheinlich im Heimaturlaub vor zwei Jahren im Schlafzimmer hängen gelassen hatte. Ich war glücklich und meine Familie hatte ihren Spaß daran, dass mir das Auffinden eines verlorenen Schirms solche Freude bereiten konnte. Nein, ich habe wirklich nicht an das wiedergefundene verlorene Schaf oder an die gefundene Drachme aus dem Evangelium gedacht. Ich habe mich einfach nur gefreut, dass ich etwas, was mir ans Herz gewachsen war, wiedergefunden habe. Aber das genau ist es doch. Freude über das Wiederfinden oder das Wiedergefunden-Werden. Und das ist doch wirklich göttlich.
