WunderBar

Plötzlich Urlaub. Impfurlaub

Eine sanfte Brise unter hohen Bäumen. Halb Schatten, halb Sonne. Am Vormittag bin ich im Wäldchen ganz alleine. Außer Vogelgezwitscher ist lauter Ruhe um mich. 

Entspannen in der Hängematte / © Lukas Schulze (dpa)
Entspannen in der Hängematte / © Lukas Schulze ( dpa )

Wie so viele andere bin auch ich gerade geimpft worden. Meine Ärztin hatte mich gewarnt, ich solle, so irgend möglich, in den Tagen danach Ruhe einplanen.

Und nachdem ein gleichaltriger Freund nach seiner Impfung ein paar Tage wirklich flach im Bett gelegen hatte, nahm ich die Warnung ernst. Arbeitete bis Mitte der Woche vor, was bis Ende der Woche hätte fertig sein müssen.

Dann ging ich zur Impfung. Alle anderen dort sollten auch geimpft werden. Alle strahlten, alle hatten das Gefühl auf der Zielgeraden eines langen Albtraums anzukommen.

Nach der Impfung war mir ein bisschen heiß und ein bisschen kalt. Ein bisschen tat der Kopf weh und ein bisschen mehr der Arm. Das war schon alles.

Dann wurde ich müde. Sehr müde.

Am nächsten Morgen war ich immer noch müde.

Viel trinken und ab und zu bewegen, hatte meine Ärztin gesagt. Also trank ich literweise Tee und Wasser. Und nahm mir am Vormittag Leine und Hund, schlich ins Wäldchen um die Ecke.

In den Bäumen wehte eine sanfte Brise, durch die Zweige tanzte der Halbschatten und außer den Vögeln konnte ich nur Ruhe hören.

Plötzlich sah ich abseits des Weges unter hohen Bäumen einen ausrangierten Sessel. Einen, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sehr rund, sehr hoch und sehr einladend. Wofür braucht man denn so einen Sessel? Nicht im Auto und nicht am Schreibtisch, dachte ich.  Mama, das war ein Gamersessel, würden mir meine Kinder erklären. Aber das war später.

Ich kletterte über ein bisschen Gestrüpp und setzte mich in dieses seltsame, runde Etwas. Ich schaukelte ein bisschen hin und ein bisschen her und schaute in die sich hoch über mir wiegenden Zweige.

Im Halbschlaf dachte ich an all die vielen Menschen, die auf deutschen Intensivstationen oder auf indischen Straßen erstickt waren. Dachte an meine Freundinnen in Burundi, deren Regierung die Coronaimpfung verbietet. Wünsche, dass alle Menschen, die das wollen, früh genug und überhaupt geimpft werden können.

Staune über mein unverdientes, ungeheures Glück, hier geboren zu sein. In einer solidarischen Demokratie, in der so viele existentielle Gefahren abgepuffert werden.

Und jetzt hatte ich auch noch einen Tag Urlaub. Impfurlaub. Wie wunderbar dachte ich gerade noch. Dann schlief ich ein.