Jesuitenpater Mertes kritisiert Diskussionskultur in der Kirche

"Kreis von pöbelnden Dunkelkatholiken"

Jesuitenpater Klaus Mertes beklagt ein zunehmend aggressives Diskussionsklima in Teilen der katholischen Kirche. Es gebe mittlerweile einen "Kreis von pöbelnden Dunkelkatholiken", der jede Kritik als illoyal abkanzle und von führenden Kreisen geschützt werde, sagte Mertes dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" (Montag).

 (DR)

Vertreter der Amtskirche verhielten sich gegenüber dieser "lauten, selbstgerechten Minderheit" zu nachgiebig, "aus Angst davor, selbst beschimpft zu werden".



Zu oft werde "von oben" schweigend zugeschaut, "wie einige Leute in der Kirche andere immer frecher überfallen mit dem Vorwurf, sie würden die Kirche spalten, insbesondere dann, wenn sie sich in Verbänden, Gremien oder gar im Zentralkomitee der deutschen Katholiken engagieren", so Mertes weiter. Er sei über dieses Verhalten zornig. Dadurch würden notwendige Debatten etwa über den Umgang der Kirche mit dem Thema Sexualität nicht vorangebracht.



Mertes, der in diesem Sommer die Leitung des Jesuitenkollegs Sankt Blasien im Schwarzwald übernimmt, hatte im Januar 2010 die ersten Missbrauchsfälle am Berliner Gymnasium des Ordens, dem Canisius-Kolleg, bekanntgemacht und daraufhin eine bundesweite Debatte über solche Fälle auslöste.



Vom Deutschlandbesuch des Papstes erhofft sich der Jesuitenpater nach eigenen Worten "ein Zugehen" auf die katholische Kirche in der Bundesrepublik. Ausdrücklich erwähnte Mertes den von den deutschen Bischöfen initiierten Dialog zur Zukunft der Kirche. Er finde es gut, dass dieses Gespräch begonnen worden sei. "Es wäre wunderbar, wenn der Papst demnächst einmal ein ermutigendes Wort zu dem Dialogprozess sagen könnte."



Bislang 30 Missbrauchsopfer entschädigt

Die Jesuiten haben nach Angaben von Pater Mertes bislang 30 Opfer von sexuellen Übergriffen entschädigt. Insgesamt hätten von den rund 200 Betroffenen bislang 54 einen Antrag auf Entschädigung gestellt, sagte Mertes: "Der Prozess ist weiter in Gang."



Zugleich verteidigte Mertes das Vorgehen von Orden und Bischöfen, den Opfern bis auf Einzelfälle eine Summe von höchstens 5.000 Euro als Schmerzensgeld auszubezahlen. "Es geht um ein Zeichen, dass wir es nicht einfach bei einer Entschuldigung belassen", sagte der Jesuitenpater. Man habe sich aber bewusst für einen Pauschalbetrag entschieden, "weil wir als Vertreter der Täterseite nicht anfangen können, in einer Art richterlicher Funktion Leiden zu messen".

Mertes weiter: "Viele Opfer finden die Summe unangemessen. Das muss ich aushalten."