Andre-Mutien Leonard wird neuer Erzbischof von Mechelen-Brüssel

Perfekt zweisprachig

Bischof Andre-Mutien Leonard von Namur wird neuer Erzbischof von Mechelen-Brüssel. Die Ernennung durch Papst Benedikt XVI. wurde am Montag vom Vatikan und der Belgischen Bischofskonferenz bekanntgegeben. Zugleich nahm der Papst den Rücktritt von Kardinal Godfried Danneels.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Auf "Facebook" hatte er am Montag mehr als 500 Fans. Doch der neue Erzbischof von Mechelen-Brüssel, Andre-Mutien Leonard, ist deswegen keineswegs ein unbedingter Anhänger moderner Kommunikationsmittel.
Das persönliche Gespräch bleibt ihm viel wichtiger. Als er 1991 zum Bischof von Namur ernannt wurde, machte er es sich zur Aufgabe, die Christen seines Bistums möglichst zahlreich persönlich kennenzulernen. Die Besuche in den Pfarreien gehören daher für ihn nicht zum Pflichtprogramm, sondern sind ihm ein Herzensanliegen.

Der im Mai 1940 geborene Leonard bringt für das neue Amt eine unabdingbare Voraussetzung mit: Er spricht und schreibt neben der Muttersprache Französisch auch perfekt Niederländisch. Im einzigen zweisprachigen Bistum Belgiens ist das entscheidend: Traditionell wird das Erzbistum Mechelen-Brüssel abwechselnd von einem französischsprachigen und einem niederländischsprachigen Oberhirten geleitet. Auf den Flamen, Kardinal Godfried Danneels, der perfekt Französisch sprach, folgt nun ein Wallone, der perfekt Flämisch spricht. So verfasst er regelmäßige Kolumnen in der Wochenzeitung "Katholiek Nederland".

Schon lange mit Benedikt XVI. befreundet
Leonard hat drei Brüder, die allesamt auch Priester wurden. Sein Lebensweg führte ihn zu Studien nach Löwen und Rom, bevor er 1964 Priester in seiner Heimatdiözese wurde. Er verfasste eine Doktorarbeit über Hegel, lehrte anschließend selbst in Löwen. 1987 wurde er Mitglied der Internationalen Theologenkommission, bevor er 1991 zum Bischof von Namur wurde. 1999 predigte er die Fastenexerzitien für Papst Johannes Paul II. Es heißt, Leonard sei schon seit langem mit dem heutigen Papst Benedikt XVI. befreundet.

Von seinem Vorgänger Danneels unterscheidet sich Leonard erheblich.
Während der bisherige Brüsseler Kardinal offen für die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils etwa in der Liturgie plädiert, macht Leonard aus seinen Vorlieben für die traditionellen Messfeiern auf Latein keinen Hehl. Er weihte etwa im Sommer 2007 Priester der romtreuen traditionalistischen Petrusbruderschaft im bayrischen Wigratzbad zu Priestern und wird gelegentlich als der konservativste unter den belgischen Bischöfen beschrieben.

Danneels wie Leonard sind Intellektuelle. Auch von Leonard liegt ein umfassendes theologisches Werk vor. Doch liest es sich wie Kritik an Danneels, wenn seinem Nachfolger die Worte zugeschrieben werden, die Kirche in Belgien sei "zu sehr vom Verstand und zu wenig vom Geist" geprägt.

Stellung zu aktuellen Fragen Position
Konservative kirchliche Kreise werfen Danneels vor, in seiner Zeit hätten sich die Kirchen geleert und die Priesterseminare auch. Sie weisen darauf hin, dass die Seminare in Namur viel mehr Priesteramtskandidaten aufweisen als Mechelen-Brüssel oder Lüttich. Leonard unterstützte zudem intensiv neue geistliche Gemeinschaften und Bewegungen, so etwa die "Gemeinschaft der Seligpreisungen".

Der neue Oberhirte von Mechelen-Brüssel zögerte nie, zu aktuellen Fragen Position zu beziehen. Mehrfach besuchte er den kirchlich nicht anerkannten Wallfahrtsort Medjugorie in Bosnien-Herzegowina und äußerte sich anschließend verhalten positiv. Er nahm Stellung zur politischen Krise, die Belgien 2007 und 2008 durchlief, und verteidigte dabei flämische Forderungen nach mehr Einfluss. Die frankophonen Wallonen müssten ihren Überlegenheitskomplex ablegen und dürften nicht vergessen, dass die Flamen lange Zeit Opfer französischsprachiger Arroganz geworden seien, schrieb er damals.

Als Belgien über den Umgang mit Ausländern ohne gültige Papiere stritt, öffnete er sein Bischofshaus, um "Illegale" zu beherbergen. Aufsehen erregten auch Äußerungen zur Homosexualität. Gegenüber einer Zeitschrift hatte er 2007 Homosexualität als "abnormal" bezeichnet, was in Belgien Entrüstung auslöste - das Land hatte vier Jahre zuvor die Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Leonard rechtfertigte sich damit, seine Äußerungen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Dass der neue Erzbischof in Mechelen und Brüssel nicht nur auf Wohlwollen, sondern auch auf Vorbehalte treffen wird, steht außer Zweifel.