750 Jahre Hanswijk-Prozession in Mechelen

Belgisches Spektakel

Nach langer Corona-Pause steht in Belgien wieder ein buntes Spektakel an: die Hanswijk-Prozession im flandrischen Mechelen unweit von Brüssel. Tausende Besucher werden bei der Marienprozession erwartet. Was steckt hinter der Tradition?

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Schauspieler, verkleidet als Isabella von Portugal und Herzog Philipp der Gute, bei der Hanswijk-Kavalkade 2013 in Mechelen.  / © Eaccent (shutterstock)
Schauspieler, verkleidet als Isabella von Portugal und Herzog Philipp der Gute, bei der Hanswijk-Kavalkade 2013 in Mechelen. / © Eaccent ( shutterstock )

Alle 25 Jahre findet die Hanswijk-Prozession als sogenannte Kavalkade (Reiterzug) statt, dann mit Tausenden Darstellern und Tieren. Das war zuletzt 2013 der Fall, damals in Anwesenheit des designierten belgischen Königspaares Philippe und Mathilde.

Tausende Besucher erwartet

Die Belgier lieben ihre Prozessionen, bei denen sich religiöse Motive und weltliche Legenden und Figuren seltsam verweben. Da gibt es das Katzenfest mit Hexenverbrennung in Ieper (Ypern), alle drei Jahre im Mai; den jährlichen "Ommegang" im Juli auf der Grand-Place von Brüssel; das Waltraudsfest mit Drachenkampf in Mons (nach Pfingsten) oder das Fest der Riesen in Ath (August). Nun also die Hanswijk-Marienprozession mit über 1.000 Jahren Geschichte. Tausende Besucher werden in der 87.000-Einwohner-Stadt Mechelen erwartet, dem Sitz des belgischen Primas, Kardinal Jozef De Kesel - der als Schirmherr auch selbst die Festmesse zum Auftakt feiert.

Geschichtlicher Hintergrund

Der religiöse Kern der Tradition: Die Überlieferung will, dass im Jahr 988 auf dem Flüsschen Dilje ein Schiff unterwegs war, das neben Handelswaren auch eine hölzerne Marienstatue an Bord hatte. Auf Höhe des Weilers Hanswijk lief das Boot auf Grund. Nach vergeblichen Versuchen, es wieder flott zu machen, wurde die Statue an Land gebracht - und plötzlich konnte das Schiff weiterfahren. Offenbar wünschte Maria, dort zu bleiben.

Und im Jahr 1272, vor genau 750 Jahren, litt Mechelen dann unter Kriegswirren und der Pest. In ihrer Verzweiflung beschlossen die Hanswijker, ihre Maria in die Stadt zu tragen. Beim Anblick der Menschenmenge bekamen die Bürger von Mechelen Angst und schlossen die Tore. Doch beim Gesang "Monstra te esse matrem" ("Zeig, dass du unsere Mutter bist") öffneten sie sich wundersam wieder. Nach überstandener Krise gelobte man, die Statue künftig alljährlich in einer Prozession durch die Stadt zu tragen. Dieses Versprechen wird bis heute gehalten. Im kommenden Jahr wird offiziell Jubiläum gefeiert.

Die Kavalkade - ein besonderer Reiterzug

1738 - zum 750-Jahr-Jubiläum des Marienereignisses an der Dilje von 988 - wurden erstmals Jubelfeiern mit einer Kavalkade, einem historisch-religiösen Umzug mit Pferden und barocken Prunkwagen organisiert: die Grundlegung des Ablaufs, der bis heute alle Vierteljahrhunderte gilt.

Seit 1838 beteiligt sich außer der Kirche auch die Stadt selbst. Sie schiebt dann ihrerseits diverse eigentümliche Riesenfiguren auf die Rampe: eine allegorische Familie mit Eltern, drei Kindern und Großvater sowie das sagenhafte Streitross Beiaard mit den vier sogenannten Haimonskindern in Legionärsrüstung. Der ganze Tross der Kavalkade steht mittlerweile auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes.

Bibel- und Lokalbezüge

Der lange Zug der Hanswijk-Kavalkade wirkt in seiner Thematik wie eine Tour de Force durch die Bibel: Es beginnt mit der Schöpfung; es folgen die Berufungen des Abraham, des Mose und der Maria; der Besuch der Hirten und die Anbetung der Heiligen Drei Könige; dann die Berufung Jesu; Tod und Auferstehung; Petrus und Paulus.

Danach wechselt der Bezug hin zur Lokalgeschichte: Fußgruppen stellen die Geschichte der Madonna von Hanswijk dar; die Pracht des burgundischen Hofes unter Philipp III. dem Guten und den Rittern vom Goldenen Vlies und Herzog Karl dem Kühnen. Es folgen die Habsburger mit der Erziehung Kaiser Karls V. in Mechelen, der Regentschaft der Margarete von Österreich.

Den Abschluss des Zuges bilden die heutige Marienverehrung mit der Figur der Jungfrau von Hanswijk sowie die Gilde der Carillonneurs (Glockenspieler). Die vor genau 100 Jahren, 1922, gegründete Königliche Glockenspielschule von Mechelen ist die älteste der Welt.

Die alljährliche Prozession am Sonntag ist zwar deutlich kleiner als die "Kavalkade" - dennoch darf man sich nach der Pandemie wieder auf eine große Farben- und Kostümpracht freuen. In der Corona-Zeit fand der Marienumzug nur als Online-Gebet statt.

Quelle:
KNA